Rakete & Co

28. November 2016

Hattie für Lernende – Kapitel 1

Abgelegt unter: Gehirnforschung,Hattie-Studie,Schalter umlegen — heinz.bayer @ 12:53

Liebe zukünftige Leistungsträgerin, lieber zukünftiger Leistungsträger

Wie versprochen – Woche für Woche ein Kapitel. hattie-fur-lernende-bis-kapitel-1

Kapitel 1

Selbsteinschätzung des eigenen Leistungsniveaus – Effektstärke 1,44 – gekoppelt mit deiner kognitiven Entwicklungsstufe – Effektstärke 1,28 – und weil wir schon am Koppeln sind, kopple ich das gleich mal noch an das vorausgehende Leistungsniveau – Effektstärke 0,67. Nein, Hattie koppelt nicht. Aber Hattie ist ja auch Bildungsforscher, ich bin Bildungspraktiker und erkläre die Forschung. Hier mit einer Kraz-Koppelstärke von 3,39. 🙂

Ob ich das darf? Ja klar, weil es dir nützt. Um zu verstehen, warum die Hattie Studie natürlich völlig richtig liegt. Also pass auf. Der Mensch an sich, also auch du höchstpersönlich – entwickelt sich ganz unterschiedlich. Er wächst unterschiedlich schnell, kapiert Mathe unterschiedlich schnell, lernt englische Wörter unterschiedlich schnell, entwickelt seine Fähigkeiten unterschiedlich schnell. Logisch oder? Nehmen wir doch mal als einfaches Beispiel den Hunderterraum als Anfangslektion in Mathe. 1. und 2. Klasse. Am Ende kann praktisch jede/r damit sicher umgehen. Aber bis es soweit ist, ist das von Grundschüler zu Grundschüler (und -in) unterschiedlich. (Siehe Skizze) Nicht schlimm. Eigentlich. Wenn man es schafft, seine eigene Entwicklungskurve richtig einzuschätzen. Also als Paul nicht auf der Kurve von Otto zu landen, weil man sich schon viel besser einstuft als man ist. (Roter Weg) Und dann für sich so tut, als wäre man Otto. Dabei entsteht zwangsläufig eine Wissenslücke. Und Lücken bei Grundlagenwissen sind das Gemeinste, was man sich antun kann. Weil der Mensch, der in Klasse 1 oder 2 Lücken hat entstehen lassen, diese in Klasse 4 oder 8 oder 10 ja nicht mehr erkennt. Aber trotzdem durch diese Lücken Fehler macht. Ohne zu kapieren, woher diese kommen. Klar, du hast recht. So ein 10klässler könnte ja auch mal auf Fehlersuche gehen. Stimmt. Eigentlich eine gute Idee. Nur ist das erstens sehr aufwändig, weil die Lücke so tief versteckt ist. Und zweitens machen das die wenigsten. Wegen erstens. Also: Kontinuierlich an der Steigerung des Leistungsniveaus arbeiten. Ohne Lücken. Denn das vorausgehende Leistungsniveau entscheidet auch über die aktuelle Lernleistung. Man lernt viel schneller und kann das Gelernte viel besser in seine Wissenslandschaft im Gehirn einbauen, wenn man Neues an Altes andocken kann.

entwicklungsstufen

Wenn man als Paul auf Ottos Spur kommen will, dann muss man an Tempo zulegen. (Blauer Weg) Kein Problem. Aber dabei immer den eigenen Leistungsstand im Auge behalten. Sich nichts vormachen. Übrigens auch nicht meinen, man wäre Egon und noch gar nicht Paul. (Orange) Obwohl man Paul ist (Grün). Auch nicht gut. Das Hirn langweilt sich. Die Selbsteinschätzung sollte möglichst klar sein. Das Ziel, das man als nächstes erreichen will, das sollte immer etwas über seinem derzeitigen Leistungsstand liegen. Aber nicht zu weit weg. Damit es erreichbar bleibt. Damit es entspannt weitergeht bei dieser an sich ja sehr spannenden Reise mit einem großen Rucksack namens Gehirn. Wären da nicht diese Noten, die sich nicht um die eigene Entwicklung scheren, sondern an den meisten Schulen weltweit eben an den von allen zeitgleich geschriebenen Arbeiten. Da wird noch viel Zeit vergehen, bis sich eine bessere Leistungseinschätzung durchgesetzt hat. Deshalb musst du einfach diese Noten als kleine Wegweiser sehen, durch die du deine aktuelle Rucksackfüllung abschätzen kannst. Vergleiche dich nicht mit den anderen, vergleiche dich mir dir selbst … was du in den letzten Wochen zugelegt hast. Dann bist du auf dem richtigen Weg.

Ja ich weiß. Diese Erkenntnis aus der Hattie-Studie, dass es richtig viel bringt, wenn man sich ehrlich und ungeschminkt leistungsmäßig selbst einschätzen kann, das ist echte Kür. Aber wer weiß, vielleicht bist ja gerade du dazu in der Lage und kannst damit viel Stress und Ärger in der Schulzeit vermeiden. Es ist ja genau das Entscheidende: Es ist eine Blickwinkeländerung notwendig … dazu ist kein Zeitaufwand notwendig. Das ist eine reine Kopfsache. Die sich langfristig in stabilen Noten und einem guten Schulfeeling auszahlt.

Gruß Otto Kraz

17. April 2010

16.Woche

Abgelegt unter: Gehirnforschung — heinz.bayer @ 15:55

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Sehr geehrte Herren
Ich darf für Sie zitieren: SPIEGEL Ausgabe 15 – 2010
In der Kindheit bildet das Hirn unzählige Nervenzellen und Verschaltungen (graue Substanz). Ab etwa 12 Jahren wird diese graue Substanz zunehmend auf die Nützlichkeit überprüft: Selten gebrauchte Nervenverbindungen sterben ab, der Anteil der grauen Substanz sinkt. Zugleich wächst die weiße Substanz – die Impulse der verbleibenden Hirnzellen werden nun viel schneller und zuverlässiger weitergeleitet. Das Gehirn gewinnt erheblich an Effizienz.

Ich habe es einmal aufgezeichnet, Sie wissen ja, ich visualisiere gerne.
Angenommen, Sie haben es bis zur Pubertät nicht geschafft, Ihrem Gehirn die Nützlichkeit Eigeninitiative und schulischen Einsatz näher zu bringen, dann sondern Ihr Gehirn diese Nervenverbindungen aus. Verständlich für so ein Hirn, das ja nicht selbst weiß, was Nützlichkeit ist, sondern nur nachfragt, wie häufig das Programm aufgerufen wurde.

Meine These, mit der Sie Ihr Gehirn zumindest ein wenig austricksen können: Beschäftigen Sie sich einmal täglich ernsthaft mit der These, dass Schule tatsächlich nicht nur für den Lehrer sinnvoll ist. Dann parken Sie die „Jetzt-leg-ich-aber-mal-richtig-los-für-ein-richtig-gutes-Abitur“-Gehirnzellen, sodass Sie wenigstens in höheren Klassen darauf zurückgreifen können.
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Der Öhm-Kalender über Ihrem Schreibtisch kann dabei sehr hilfreich sein.

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