Rakete & Co

24. Juni 2011

Schulsysteme neu geträumt

Abgelegt unter: Visionen — heinz.bayer @ 16:46

Als Studiendirektor für Schulentwicklung, Gesellschaftswissenschaften und neue Medien, Leiter der Nachmittagsschule am Faust-Gymnasium Staufen, Mathematik- und Physiklehrer, Unterstufenberater, Tonstudiobetreiber, Großvater und als einer, der fast ein Vierteljahrhundert Vertrauenslehrer am Faust war und begeisterter pädagogischer Blogger ist, darf man das. Finde ich. Schulsysteme einmal neu träumen. Als einer, der von seiner eigenen Schule viele real existierende Facetten beschreiben kann, die einfach schon so funktionieren, wie er sich eine neu geträumten Schule vorstellt. Ich träume mir hier im Blog einmal ein Schulsystem zusammen, das zum einen (großen) Teil aus der normalen Realität besteht, ich will ja keine Illusionen träumen, zu einem weiteren (großen) Teil aus einem speziellen Menschenbild, das aus der existierenden Realität von Schulsystem ein Vielfaches herauszuholen vermag und dann werde ich ein paar Neuerungen dazuträumen, die gar nicht viel kosten würden, aber die sicher für die handelsübliche Schulentwicklungsdebatte so ungewöhnlich erscheint, dass ich sie mir zwar träumen kann, aber es sicher zwei, drei Generationen dauern wird, bis man begreift, dass ich vollkommen richtig liege. :-)Für die Flügelverleihleser/innen, also hauptsächlich für die Eltern und Lehrer/innen, soll es als Idee dienen, aus der real existierenden Schule, die man einfach nicht so auf die Schnelle umwandeln kann, das Beste herauszuholen. Hier hilft das Menschenbild meiner Traumschule. Für die mitlesenden Schüler/innen vom Männerrevolteblog (Ich schalte alle meine Blogs für eine kurze Zeit zusammen) ist es ebenfalls das Menschenbild, das helfen kann, die Einstellung zur Schule, zu den Lehrer/innen und zum eigenen Lernprozess so zu verändern, dass Schule einfach runder läuft und das hochspannende Leben in dieser Zeit dadurch besser genossen werden kann. Und nicht durch unnötige Nachhilfestunden, Frustperioden, Familienkrisen und Ängste beeinträchtigt wird.
Für die mitlesenden Großeltern im Opakoffer-Blog ist es sicher die eigene Erfahrung und die Distanz, die man mit der nötigen Hilfestellung viel besser einbringen kann, wenn es um Enkel/innen-Probleme geht. Da Opas und Omas heutzutage viel öfter eine zentrale Bedeutung bekommen haben, da mancher Opa für so manchen Schüler die einzige immer verfügbare männliche Bezugsperson geworden ist, sollten speziell die wichtigen Omas und Opas ihre Rolle überdenken können und im Griff haben und nicht nur das alte „Verwöhnen-ist-toll-denn-erziehen-müssen-ja-jetzt-die-Eltern“ Schema durchspielen.
Für mitlesende Schulentwickler/innen, Direktoren, Politiker oder Kultusministeriumsfachleute könnte dieser Teil meines Blogs in Zeiten, in denen eine neue Landesregierung in Baden-Württemberg so große Sätze wie „Wir hören jetzt auch auf die Basis“ ganz locker aussprechen, einfach Denkanstöße bilden. Realisierbare. Finanzierbare. Allerdings auch Ungewöhnliche.

ueber-unterforderung

Ok, ich fange einmal ganz am Anfang an.
Da kommt also ein Mensch auf die Welt und oft denken heute manche Eltern schon nach ein paar Wochen darüber nach, ob es denn vielleicht richtig wäre, wegen der frühen sprachlichen Aufnahmefähigkeit, einen Sprachkurs für Babys anzusteuern. Zwischen Babysprachkursen und Babyschwimmen gibt es inzwischen eine enorme Vielzahl von Angeboten, die auch breit genutzt werden. Warum? Ganz klar: Weil man es einfach gut machen will. Wer diesen Blog liest, gehört zu den Menschen, die sich über Erziehung Gedanken machen und sie können nachvollziehen, was dahinter steckt, dass solche Babyworkshopangebote breit angenommen werden. In erster Linie will man seinem Kind natürlich Gutes tun. Und damit sich selbst. Ob man das auch tut, ist eine andere Sache. Ich würde aus der Sicht eines Gymnasiallehrers nicht wagen, eine Wertung ins Spiel zu bringen. Denn ich habe Schüler erlebt, die extrem gefördert wurden und eine glückliche Schulzeit verbracht haben und auch Schüler, die extrem gefördert wurden, denen die extreme Frühförderung offensichtlich mehr Nachteile als Vorteile gebracht hat. Erziehung ist so individuell, dass ich dazu nur ein Bildchen beisteuern will, das ich dafür gemalt habe.
Eines ist klar: Unterforderung und Überforderung sind beides keine guten Wegbegleiter für junge Menschen in der Entwicklung. Nur: Unter- und Überforderung sind sehr individuelle Begriffe und jede Mutter und jeder Vater muss hier ganz alleine die Verantwortung tragen, wo sie das Langzeit-Optimum vermuten. Denn machen wir uns nichts vor. Fast alle Prozent der Eltern denken schon in den ersten Monaten ganz natürlich insgeheim und oft unterbewusst an die spätere Schulzeit. An die Frage Gymnasium oder Realschule, Studium oder Lehre, beruflicher Erfolg, Glück, Zufriedenheit, stabile Beziehungen usw. usw.
So alles in einem. Eine Traumvorstellung eben. Denn so ein Baby ist ja noch ohne Makel. In ein Baby kann man noch jegliche Zukunft hineinträumen. Gegen das Hineinträumen ist ja auch nichts einzuwenden. Gegen Überforderung schon. Gegen Unterforderung übrigens ebenfalls, wenn ich das aus der Sicht eines Gymnasiallehrers schon jetzt einmal anmerken darf. Aber darüber später noch viel mehr.
Für die Leser/innen des Opakoffers – Mütter und Väter kleiner Kinder – sei hier auch noch einmal auf das Onkel Otto Prinzip verwiesen. Denn sie können es noch vollständig anwenden. Es relativiert vielleicht die Ängste, die einen als Jungeltern plagen, dass man nicht alles tut, um am Ende ein erfolgreiches Kind ins Gymnasium schicken zu können. Denn was nützt der größte Einsatz für die Prinzessin oder den Prinzen in den ersten Jahren, wenn man dabei als Eltern die eigene Beziehung so vernachlässigt hat, dass man sich deshalb nach ein paar Jahren wieder trennen muss. Da hilft dem Prinzen nämlich aus der Sicht eines Gymnasiallehrers leider auch kein früherer aufwändiger Babysprachkurs.

17. Juni 2011

Schul-Umgestaltungs-Traumreise – Einführung

Abgelegt unter: Visionen — heinz.bayer @ 14:55

Bevor ich eine Schul-Umgestaltungs-Traumreise beginne, hier die Diskussions-Ausgangsbasis für alle drei Blogs. Flügelverleih, Opakoffer und Männerrevolte. Für die Lehrer/innen und Eltern, für die Großeltern und für dich als Schüler/in selbst. Im Laufe der Traumreise werde ich natürlich den Text genauer auf diesen Männerrevolte-Blog zuschneiden.
Ausgangsbasis für die Diskussion ist aber genau dieselbe.
Die individuelle Entwicklung von uns Menschen.
„Mit 13 Jahren variiert das Entwicklungsalter um mindestens 6 Jahre zwischen den am weitesten entwickelten Kindern und jenen, die sich am langsamsten entwickeln.“
sagt Remo H. Largo. Wer das ist?
Remo H. Largo, geboren 1943 in Winterthur, war bis zu seiner Emeritierung 2005 Professor für Kinderheilkunde. Fast drei Jahrzehnte lang leitete er die Abteilung für Wachstum und Entwicklung am Kinderspital in Zürich, wo er die bedeutendste Langzeitstudie über kindliche Entwicklung im deutschsprachigen Raum durchführte. Er ist Vater dreier Töchter und Großvater von vier Enkeln. Seine Bücher »Babyjahre«, »Kinderjahre« und »Glückliche Scheidungskinder« sind Klassiker. Zuletzt erschien von ihm »Schülerjahre« (mit Martin Beglinger).
(„Schülerjahre“ Largo & Berlinger, Piper Verlag, S. 19).
Als Grafik sieht die Aussage so aus.

largo

„Ja und jetzt?“ fragt man sich natürlich als Schülerin.
„Also wenn das stimmt, dann sind ja Noten von vorneherein ungerecht.“ Stimmt. Wie recht du hast. Und jetzt?
Nehmen wir doch nur die Zeit bis zum Laufen. Gäbe es da Noten, dann würde das für Max und Moritz heißen, dass Moritz 16 Monate lang das Sorgenkind war, bevor sich herausstellt, dass er in Wirklichkeit mit 2 Jahren der bessere Läufer ist. Gut, dass es keine Babybenotung gibt.

max-und-moritz

Aber in der normalen Schule wird es für dich zur jahrelangen Wirklichkeit. Nehmen wir Paul und Paula. Am Ende sind beide Ingenieure. Aber bis dahin ist die Wirklichkeit von Paul die eines Sorgenkindes. Für die Eltern. Für Paul. Für Oma und Opa. Für die Lehrer/innen.

paul-und-paula

Manche Schulen haben es geschafft, darauf einzugehen. Zum Beispiel die Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule, Göttingen. Preisträger Deutscher Schulpreis 2010.
„Die Ganztagsschule hat einen hohen Leistungsanspruch, auch wenn es bis zur achten Klasse keine Noten gibt und von der fünften bis zur zehnten Klasse Haupt- und Realschüler gemeinsam mit Gymnasiasten lernen.“ steht in der Profilbeschreibung.
Nur nützt das niemand etwas, der auf ein baden-württembergisches Normalgymnasium geht, die jetzt flächendeckend nur noch mit G8 unterrichtet werden.
Ich versuche in den nächsten Wochen, in den alten Gemäuern des dreigliedrigen Schulsystems eine kleine phantasievolle Schul-Umgestaltungs-Traumreise zu unternehmen, um den einfach existierenden unterschiedlichen Entwicklungen von uns Menschen Rechnung zu tragen. Wenigstens ein wenig. Wie oft habe ich Mails bekommen wie: „Sag doch, hättest du in der Mittelstufe gedacht, das ich mal den Doktor mache?“ Gut, wenn man weit über die Schule hinaus den Kontakt hält. Dann fällt es einem irgendwann wie Schuppen von den Augen. Schule sollte zumindest umgedacht werden. Hier darf ich das ja tun. Und ich lade dich herzlich dazu ein. Für dich gilt: Das richtige Umgehen mit deinem eigenen Entwicklungstand verschafft dir leicht eine Blickwinkelveränderung und damit automatisch eine schulische.

11. Juni 2011

Abitur 2011.

Abgelegt unter: Break&Go — heinz.bayer @ 00:26

zukunft-beruf
Baden Württemberg liegt inzwischen bei einem Schnitt von 45% Jungs und 55% Mädels. Liebe Männer, die ihr das Abitur noch vor euch habt. Mal ganz ehrlich. Das kann es doch nicht gewesen sein. Dass wir Männer uns so langsam aus der höheren Wissensverantwortung schleichen. Und warum das alles? Nur weil wir in den paar Jährchen zwischen 12 und 17 Jahren meinen, das Leben müsste auch am Morgen in der Schule einfach spaßig sein und eine „exzellente Arbeitshaltung“ wäre eine furchtbare Krankheit, vor der man sich tunlichst schützen sollte. Wenn ich Klassenlehrer bin, mache ich für meine Klassen immer Arbeitshaltungszeugnisse. Ich habe mal die Abiturszeugnisse 2011 mit den „Selbstläuferzeugnissen 2005“ verglichen. Meine Kolleg/innen sollten damals von jedem Schüler und jeder Schülerin von ++ bis — ankreuzen. Fünf Stufungen. ++ bedeutete: „Hohe Konzentration im Unterricht, man muss dich nicht ziehen, du packst schon sehr selbstständig deine eigene Zukunft an. Weiter so!“ und – – bedeutete: „Du hast noch eine größere Änderung deiner Arbeitshaltung nötig, um deine Fähigkeiten erfolgreich ausspielen zu können und um nicht Bremser in der Klasse zu sein.“
Und jetzt, 8 Jahre später, da muss ich beim Vergleich einfach feststellen. Ich hätte eigentlich schon nach einem halben Jahr Gymnasium aufgrund des Selbstläuferzeugnisses sagen können, wie die Abitursnoten im Groben ausfallen werden bzw wer gar nicht am Ziel ankommt.
Bei meiner vorvorletzten 5. Klasse leider kein einziger „Ausreißer“. Einer, der am Anfang eine schlechte Arbeitshaltung hatte und dann später den Schalter umlegen konnte. Bei den von uns betreuten Versetzungsgefährdeten habe ich dies nun schon oft erlebt. Aber da sind auch junge Menschen in echter Not und da scheint eine eigentlich schlichte Blickwinkeländerung offensichtlich leichter möglich zu sein.
Trotzdem: Bitte bloß nicht aufgeben, nur weil du nicht versetzungsgefährdet bist. Du schaffst das schon. Die Männerrevolte braucht dich.
Und denk dran: Jetzt in den Ferien kannst du klammheimlich revoltieren. Verwegen Vokabeln lernen und unerschrocken Mathelücken stopfen. Den Blickwinkel verändern. Du kannst zur Unterstützung natürlich auch einfach
faust-verleiht-fluegel.de aufrufen und die Ferienschule herunterladen. Jeden Tag heimlich eine Seite schmökern, kapieren, um was es eigentlich geht und dabei Held sein. Sei ein Held der besonderen Art. Kein besonders cooler, der später mal echter Looser wird, sondern ein aktiver, der später mal ein Erfolgreicher wird. Du musst es ja niemand sagen.

3. Juni 2011

Studieren

Abgelegt unter: Break&Go — heinz.bayer @ 23:41

studieren
Ja klar, jetzt in den Ferien musst du dir dringend klar machen, für welche Zwecke du denn dein Wissen später verwenden könntest. Falls du z.B. herausbekommst, dass für deinen späteren Traumberuf Mathe ziemlich wichtig ist, dann dürfte für dich Mathe eigentlich kein Problem mehr sein. Denn dann wäre Mathe ja tatsächlich etwas für dich. Dann wären Lücken ziemlich doof. Lass es dir einmal durch den Kopf gehen.

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